IG Agrarstandort Schweiz
18. Mai 2022

Frankfurter Allgemeinen vom 6. Mai 2022

Antwort von Winfried Kretschmar, Ministerpräsident Baden-Württemberg

Der CETA-Vertrag mit Kanada ist immer noch nicht vollständig ratifiziert. Muss man nicht aus heutiger Sicht auch als grüner Politiker sagen: Lieber ein Chlorhühnchen auf dem Teller als ein russischer Panzer im Vorgarten?

Das frage ich mich schon länger. Eine vollständige Ratifizierung von CETA ist aus meiner Sicht dringend geboten. Wenn wir mit einem Staat wie Kanada keinen Freihandel betreiben können, mit wem denn dann? Es kann ja nicht sein, dass wir 55 Prozent des Gases aus Russland beziehen, nach Qatar fliegen und gleichzeitig die Beziehungen zu Kanada problematisieren. Da stimmt doch etwas nicht. Das ist völlig aus der Zeit gefallen. Als die Verhandlungen damals anstanden, habe ich alle zehn Landesministerien abgefragt, was sich gegen das Abkommen einwenden ließe. Kein Ministerium, weder ein grünes noch ein schwarzes, hatte echte Bedenken. Natürlich kann man immer irgendwas finden, aber jetzt heißt es mal: Raus aus dem Froschteich und schauen, was in der Welt los ist.

Es geht ja nicht nur darum, die Abhängigkeiten zu reduzieren. Engere Handelsverflechtungen bieten auch eine robustere Basis, um Sanktionen durchzuhalten. Und vor allem ist es eine Chance mit Blick auf ökologische und soziale Normen: Denn wenn wir mit unseren grünen Produkten wie zum Beispiel der Wasserstofftechnologie erfolgreich sind, werden andere das auch kopieren, und so setzen wir die Standards selbst.